Sport im Rhein-Sieg-Kreis auf Wachstumskurs: Mitgliederzahlen steigen – Herausforderungen bleiben

Von Olaf Pohl
 

Rhein-Sieg-Kreis. Von einem Corona-Tief zur neuen Dynamik – Die Sportvereine im Rhein-Sieg-Kreis haben die schwierigen Jahre der Pandemie hinter sich gelassen. Mit 148.301 Mitgliedschaften im Jahr 2024 verzeichnen sie nicht nur ein solides Wachstum von 2,7 Prozent seit 2015, sondern auch eine eindrucksvolle Erholung nach dem pandemiebedingten Einbruch im Jahr 2021.

 

„Wir sind wieder auf Kurs! Unsere Vereine haben es geschafft, die Menschen zurück in den Sport zu holen“, erklärt Wolfgang Müller, Präsident des Kreissportbundes Rhein-Sieg. „Der organisierte Sport hat bewiesen, dass er auch in Krisenzeiten Widerstandskraft hat und ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft ist.“

 

Kinder als Motor des Wachstums – Austritte im Jugendalter

Die stärkste Dynamik zeigt sich bei den jüngsten Mitgliedern: Mit durchschnittlich 840 Neueintritten pro Jahr bei den Sechsjährigen ist diese Altersgruppe der größte Wachstumstreiber. Doch der Sportbund sieht auch Herausforderungen: „Das Problem ist der Mitgliederschwund in der Jugend. Mit 18 Jahren verlieren wir jährlich durchschnittlich 349 Mitglieder. Das ist ein klarer Auftrag, die Jugendlichen besser im Verein zu halten“, betont Müller.

Während im Kindesalter fast 67 Prozent der Elfjährigen in einem Verein aktiv sind, sinkt der Organisationsgrad mit steigendem Alter deutlich. Der Durchschnittswert im Rhein-Sieg-Kreis liegt mit 24 Prozent unter dem NRW-Schnitt von 29 Prozent. Ein Grund könnte die räumliche Nähe zu Bonn, Köln und Leverkusen sein – viele Sporttreibende sind in Vereinen außerhalb des Kreises aktiv.

 

Neue Trends, alte Stärken – Sportarten im Wandel

Der Sportlandschaft im Rhein-Sieg-Kreis mangelt es nicht an Vielfalt. In 59 Sportverbänden finden Sportler ihre Disziplin. Die größten Gewinner der letzten Jahre sind Jiu-Jitsu (+255 Prozent), Boule (+147) und American Football (+84). Traditionell starke Sportarten wie Fußball (38.275 Mitglieder) und Turnen (26.432 Mitglieder) behaupten ihre Spitzenpositionen. Der Handball hingegen verzeichnet mit -1.084 Mitgliedschaften (-27 Prozent) den größten Rückgang. „Neue Sportarten finden ihre Fans, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass etablierte Disziplinen nicht ins Hintertreffen geraten“, so Müller.

 

Mehr Männer als Frauen – aber Potenzial für Veränderungen

Der Frauenanteil in den Sportvereinen ist seit 2015 leicht gesunken und liegt aktuell bei 40 Prozent. Gerade in Sportarten wie Fußball (nur 20 Prozent Frauenanteil) oder Angeln (3 Prozent) gibt es Entwicklungsspielraum. „Wir müssen gezielt Angebote für Mädchen und Frauen schaffen“, sagt Müller. Doch es gibt auch Gegenbeispiele: Sportarten wie Cheerleading (95 Prozent Frauen), Pferdesport (86) und Tanzen (78) zeigen, dass Frauen stark vertreten sind – nur eben in anderen Bereichen.

 

Blick nach vorn: Wachstum bis 2032 – dann droht der Rückgang

Die Prognosen für die nächsten Jahre sehen zunächst positiv aus: Bis 2032 wird ein leichter Mitgliederanstieg erwartet. Danach könnte die Zahl der Vereinsmitglieder jedoch langsam auf 96 Prozent des heutigen Wertes bis 2050 sinken. Ursachen dafür sind demografische Entwicklungen und sich verändernde Freizeitgewohnheiten.

„Wir dürfen uns nicht auf dem aktuellen Wachstum ausruhen“, mahnt Müller. „Unsere Vereine müssen sich weiterentwickeln, um auch in Zukunft attraktiv zu bleiben.“ Gerade der Ausbau von inklusiven Angeboten, die Digitalisierung der Vereinsverwaltung und gezielte Förderungen für Kinder- und Jugendsport stehen auf der Agenda: "Mir persönlich liegt auch sehr daran, dass wir mehr Sport (-Vereine) in die Schulen bekommen bei dem ab nächstem Jahr geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsschulbetreuung. Meine Sorge ist sonst, dass die Vereine Kinder im Grundschulalter verlieren, wenn sie länger in der Schule verbleiben."

 

Vereine als Rückgrat der Region

Mit 547 Vereinen bildet der Rhein-Sieg-Kreis eine starke Vereinslandschaft. Die größten Vereine, wie die Sektion Rhein-Sieg des Deutschen Alpenvereins (4.179 Mitglieder) oder der Hennefer Turnverein (4.008 Mitglieder), wachsen weiter. Doch die Zahl der Vereine insgesamt ist in den letzten Jahren leicht gesunken.

Der Sport im Rhein-Sieg-Kreis steht also vor einer spannenden Zukunft: Der Weg aus der Krise ist gelungen, das Wachstum ist spürbar – doch die Herausforderungen bleiben. Die Vereine sind gefragt, Lösungen für Jugend- und Frauenförderung sowie die langfristige Mitgliederbindung zu finden. „Wir haben alle Chancen – jetzt müssen wir sie nutzen“, so Müller abschließend.

 

Datenquelle: Der Artikel basiert auf dem Statistischen Report Rhein-Sieg-Kreis 2024, der im Rahmen des Projekts „Mitgliederanalyse LSB NRW“ durch die Hochschule Koblenz erstellt wurde. Die Ergebnisse wurden auf der digitalen Veranstaltung zum Thema „Mitgliederprognose“ am 21. November 2024 vorgestellt, anschließend erfolgte die detaillierte Auswertung für den Kreissportbund Rhein-Sieg.